Mittwoch, 30. April 2008

Puente

Puente heißt eigentlich Brücke. Aber so nennt man hier auch ein langes Wochenende... welchiges unmittelbar bevorsteht und das ich mit einem Großteil der Leute aus meinem College (siehe Bild des letzten Blogeintrags) in Granada, Cordoba und Umgebung verbringen werde. Aber bevor ich mich in mein Metallgestellbett schmeiße, noch Folgendes:

Lese grade einen Klassiker aus den Unineted States - Richard Niebuhrs Christ and Culture (1951). Wie leben die Christen ihren Glauben in ihrer Kultur und Umwelt? Wo lebt man wie Alternativkultur, wo wird mit welchen Worten über Chrsitus und seine Botschaft gesprochen? Wie leben die Christen ihren "doppelten Kampf" im Ringen um ein rechtes christliches Leben - Gott gegenüber und ihrer jeweiligen Kultur? Welche Antworten haben in den letzeten 2000 Jahren die Christen gegeben?


Steht Christus über jeder Kultur, oder der Kultur (vor allem, ausschließlich, auch?) entgegen? Oder sieht der Christ ihn als denjenigen an, der die jeweilige Kultur und die Christen vielmehr verwandelt? Oder gibt es vor allem Übereinstimmung, ist Jesus der Erfüller der menschlichen Kultur oder zB mit einer Kultur - etwa der westlichen - unauflöslich verbunden?

Diese Fragen betreffen ja nicht nur den einzelnen Christen, sondern auch die Kirchen und die zivilen Staaten und Gesellschaften. Aber zunächst einmal mich. Wofür trete ich - ausgesprochen oder nicht, bewusst oder nicht - ein, wo stehe ich?

Das schöne an einer Tyologie ist ja, dass man sich da unwillkürlich fragt, wo man denn jetzt selber reinpasst. Was dann zum Nachdenken anregt. Typen sind vor allem Werkzeuge, um besser zu sehen, nicht um sich und andere zu schubladisieren. Jedenfalls hat die bisherige Lektüre meinen Blick geschärft, einen Blickwinkel aufgetan: so und so auf die Dinge hinzuschauen.

Zu Recht bemerkt der Autor des Vorwortes: Klassiker sind Bücher, die einen Beitrag leisten, an dem man, immer wenn man über das betreffende Thema spricht, nicht herumkommt, die Begrifflichkeiten und Unterscheidungen schaffen, die bleiben, die ihr Gedankenwerkzeug ganzen weiteren Generationen zur Verfügung stellen.

In welcher Weise ist Christus für die heutige Welt relevant? Was werden die Historiker über unser Christentum einst schreiben? Zu meinen wir wären unwichtig für das Weltgeschehen halte ich für falsch und unwürdig.

Zum Abschluss genau dazu ein Zitat eines Spaniers, der seinerseits viele Menschen bewegt hat, ihre Kultur(en) von Christus her zu erneuern:
Ein Geheimnis - ein offenes Geheimnis: es gibt Weltkrisen, weil es an Heiligen fehlt.
Gott wünscht eine Handvoll "seiner" Leute in jeder menschlichen Tätigkeit. - Dann... "pax Christi in regno Christi" - der Friede Christi im Reich Christi.

Josemaria Escrivá de Balaguer, Der Weg Nr 301

Dienstag, 22. April 2008

Nachbarn, Kollegen, Freunde

Ich fühl mich sehr wohl hier im Haus, das hab ich schon ganz zu Beginn gesagt und das hat sich nicht verändert. Mit allen hab ich eine gute bis sehr gute Basis gefunden, die Leute sind echt unkompliziert und entstpannt.


Hier für euch das offizielle Gruppenfoto vor unserem Haus, die Qualität - na, ist nicht der beste Apparat gewesen. Werde euch meine Hausgenossen wenn ich Zeit finde noch näher vorstellen - auch weil sie teilweise Lebenserfahrungen aus Ländern mitbringen, die wirklich ganz anders sind als das was wir so kennen...

Heute beim Austausch hat P. Pierre-Claver aus Rwanda (letzte Reihe, 3. von re, Kopf leider etwas verdeckt) von der Situation der Priester in seiner Heimat erzählt. Er kennt Priester, die manchmal einen ganzen Tag NICHTS zu essen haben bzw. ganz einem normalen Beruf nachgehen um sich wenigstens irgendwas leisten zu können.

Und mit Raisy aus St. Domingo (1.Reihe stehend 5. v.re) hatte ich zuvor noch ein Gespräch - warum zB nicht in Bildung investiert wird, die Gesellschaft nicht die korrupte Politik ändert etc. Er sagt, in ganz Südamerika haben sie das Problem, dass die Reichen und die Schicht mit Einfluss und Macht, also die, die etwas ändern könnten, ihr eigenes Leben führen, zB ihre eigenen elitären Privatschulen nach US-amerikanischem oder französischem System haben, mit 18 ihre Kinder auf Unis ins Ausland schicken etc. Das also die Elite NICHT für das Allgemeinwohl denkt und arbeitet.

Ich hoffe sehr, dass sich in unserer einen Welt die Dinge ändern. Nicht allen Reichen allen Reichtum nehmen und verteilen - aber Strukturen so ändern, dass alle Chancen und gerechte Bedingungen finden, menschenwürdig zu leben, zu arbeiten, wo Rede- und Pressefreiheit, wo eine funktionierende Justiz existiert usw. Da denk ich mir oft: Das kann doch ned sein dass das nicht funktioniert wenn nur bissl Wille und Einfluss der reichen demokratische Staaten da wäre etc....!!

Wie schwer das aber aufzubauen ist (selbst wenn es viele gut gewillte und gut ausgebildete Leute gibt), und wie gut das eigentlich bei uns zuhause funktioniert, das lerne ich hier immer mehr.

Mittwoch, 16. April 2008

Avila


Heute ist Sightseeing und virtuelle Wallfahrt angesagt. Am Wochenende war ich mit Wilmer aus Peru in Avila, der heiligen Terese einen Besuch abstatten und die kleine Stadt auf 1100m Höhe, nahe der Grenze zu Portugal, besichtigen.


Berühmt ist auch die rund um die Stadt gehende Mauer aus dem 12. Jh. Besonders eine (tlw. neu nachgebaute) römische Brücke plus Wegsteine abseits aller Touristenpfade hats mir angetan ... den Weg hat die Heilige mit Sicherheit öfters benutzt.


Oben die Kirche (mit Kloster natürlich) über ihrem Geburtshaus.

Teresa ist eine echte Powerfrau ihrer Zeit. Mit den Füßen auf der Erde, und ganz ihrem geliebten Jesus hingegeben. Bis heute denk ich ist ihr Modell einer auf zwölf beschränkten Gemeinschaft von Kontemplativen eine attraktive alternative Lebensform vieler Frauen. Ihre Schriften zählen zum Besten was wir an Schätzen geistlicher Art in unserer Kirche haben.

Hab den kurzen Aufenthalt genossen, auch wenns saukalt war. Jetzt fehlen noch Santiago de Compostela und Loyola als geistliche Fixpunkte eines Spanienaufenthaltes eines Theologen...

Viele Menschen in Paraguay hoffen auf einen Ex-Bischof


Christentum und politisches Engagement, ja nonaned, aber in unserer christlich-müden österreichischen Volkspartei? Oder in einer neuen christlichen Partei, die mit (teilweisen) guten Zielen einfach zu engstirnig unsekular agiert, um selbst für Erz-gläubige eine Alternaive ... ich meine, Alternative zu sein?

Paraguay wählt am 20. April einen neuen Präsidenten. Der ehemalige katholische Bischof von San Pedro im Norden des Landes, Fernando Lugo, ist einer der Kandidaten. Dass ein Bischof sein Amt niederlegt (vom Vatikan 2006 "suspendiert" von seinen priesterlichen Diensten und somit freigegeben für die Politik) und politisch für das Volk dasein will, ist einfach wunderwunderbar für mich. In Paraguay besitzen 2% der Einwohner 80% des Landes. Viele leben fern von politischer Einbeziehung (Indios) oder in Armut.

Wir denken normalerweise die Kategorien Politik und Liebe nicht zusammen. Chiara Lubich hat einmal die Politik als "höchste Form der Liebe" bezeichnet, weil sie die Bedingungen schafft, in der jeder (in Würde) seiner (von Gott geschnekten) Berufung als Mensch folgen kann. Heute ist die Form des klassischen Almosengebens das gesellschaftliche und politische Engagement als Christ. In diesem Sinne hoffe ich auf Gerechtigkeit für alle Menschen in Paraguay - besonders aber für die Armen und Indios.

Vgl. dazu den ORF Beitrag über Paraguay.

Montag, 14. April 2008

Jö, schau die Leut an die das gleiche lesn wie ich ...

Nachdem ich meine Literaturliste aufgepäppelt habe war ich natürlich gespannt, wer welche Autoren und Leseleidensachaften mit mir teilt, und - interessant! Die Typen die Beckett mögen sind durch die Bank eher schräge Vögel irgendwie, Lebert kennt kein Schwein, Schande über die Menschheit Kunze auch nicht, Mörike lesen drei, sogar einen zweiten interessiert mein Zizioulas (natürlich ein Theologe), Schiller favorisieren immerhin 12 Leutln, aller eher so Lebelustige mit Rohrkrepierblogs, hingegen 900 Einträge bei Milan Kundera.

Für mich eine der interessanten Weisen Menschen und ihre Lesegewohnheiten von überall "kennenzulernen". Wen´s ebenso interessiert ab ins Profil und bei den Interessen durchklicken.

Schönen Abend aus Madrid!

Freitag, 11. April 2008

Glaube und Wirklichkeit


"Der Glaube deutet die Wirklichkeit. Er ist keine letzte absolute Gewissheit und bietet keine absolute Sicherheit. Es gibt keinen Glauben ohne Zweifel. Aber es gibt auch keinen "Nicht-Glauben" ohne Zweifel.

Die Frage ist, ob dieser Glaube der Wirklichkeit entspricht oder nicht. Wir können die Deutungsmuster anschauen, mit denen Nicht-Glaubende die Wirklichkeit interpretieren. Entspricht das mehr der Wirklichkeit als Deutung des Glaubens?"

(Anselm Grün, Buch der Antworten)

Montag, 7. April 2008

My personal Jesus?


Caesarea Philipi ist bis heute u.a. wegen seiner imposanten Jordanquelle ein beliebtes Ausflugsziel. Dort gab es zur Zeit der römischen Besatzung auch einen großen heidnischen Tempel, mit Wahrsageservice etc. Dort hat Jesus, so wird berichtet, seine Jünger gefragt: "Für wen halten die Leute den Menschensohn? ... Ihr aber, für wen haltet ihr mich?"

Erst heute ist mir aufgefallen, dass das eine Frage vor allem an diejenigen ist, die schon länger ihren Weg mit Jesus gehen, vielleicht ähnlich wie die Jünger in Mt 16, die in vielen Monaten ihrerseits zwei unglaubliche Brotwunder und unzählige Heilungen gesehen, den Gang Jesu auf dem Wasser, die Bergpredigt, ihre eigene Berufung, einen Propheten erlebt hatten, der sich selbst als "Menschensohn" bezeichnete.

Jetzt fragt sie der Herr in Caesarea, im nördlichsten Teil Galiläas, unmittelbar bevor er ihnen zum ersten Mal seinen Tod ankündigen wird, hinunter nach Jerusalem ziehen wird, sie enttäuschen wird in ihrer Hoffnung auf einen Messias den alle Welt als Sieger erkennen muss. Fragt sie, die ihm schon längts überallhin folgen, wer er in diesen Wochen und Monaten für sie geworden ist. Ganz persönlich. Ihn interssiert eben gerade nicht was die Leute so sagen.

Und, wie schön. Petrus findet seine Antwort, die mehr ist als das "korrekte Bekenntnis". "Du bist der Messias" Und sozusagen zugleich offenbart ihm der Herr seine daraufhin dessen "zweite" Berufung: "Du, Simon, du bist der Petrus, das ist jetzt deine Berfung für diese Welt, in der Kirche".

In diesem intimen Bereich seiner Beziehung zum Herrn erkennt Petrus Jesus als seinen Heiland, empfängt und entdeckt er so auch seine persönliche tiefere Berufung. Und zugleich spricht hier Petrus im Namen der Zwölf, zugleich ist seine zweite Berufung eine kirchliche, FÜR die anderen. Klarer und schlichter kann man das nicht ausdrücken.

Wenn wir selber uns diese Frage grundehrlich stellen und eine Antwort suchen und geben, wird der Herr uns seinerseits ein Licht geben, eine Antwort, einen Ruf. Aber nicht scheint der Kairos da zu sein, sich dem zu stellen, kann es sein, dass der Mut fehlt ...

Jesus, wer bis du für MICH? Was bedeutest du mir WIRKLICH? WILL ich dich lieben, und dir nachfolgen? Nicht Bildern von dir, nicht einem netten Platz im System der Kirche, nicht einer von Gruppen oder unserer Zeit erzeugtem Bild, sondern "dir als der-du-dich-für-mich-gezeigt-hast"?

Möglich, dass wir dieser Frage in den kommenden Tagen gemeinsam nachgehen.

Donnerstag, 3. April 2008

Noch drei Monate

Was sind schon drei Monate? Eben. Wie eine Freundin mir, der ich noch immer mit der Sprache kämpfe, gesagt hat: genieße die Zeit. Will auch heißen: nutze sie. Ärgere dich nicht nur über das kleinere oder größere Unvermögen deinerseits.

Anstrengung und Seinlassen, Tatkraft und Geduld, homo faber sein aber immer auch homo gratiae, offen für die Gnade. Auf sich schauen und die anderen nie vergessen. An sich arbeiten und Gott an sich arbeiten lassen.

Ich möchte in den nächsten Einträgen mehr Theologisches einbringen, hoffentlich in einer Form die allgemein interssant und verständlich ist. Das wird sich praktischerweise mit meiner Arbeit für die Uni decken.

Ich würde mich freuen, wenn ihr zu den Themen auch Stellung nehmt, eine Meinung postet. Nicht nur hier in Madrid bei Campusatmosphäre und inspirierenden Kollegen und Professoren meine ich, dass so viel von einer guten DENKweise abhängt.

Und wie recht hat Kant, wenn er von der selbstverschuldeten Unmündigkeit redet. Wir, und damit meine ich zunächst einmal mich selber, sind lieber bequem und und machen uns nicht die Mühe selber eine entschiedene und argumentativ begründete Position in zB umstrittenen gesellschaftlichen Dingen einzunehmen.

Aber wie bittesehr sollten wir sonst Salz und Licht dieser Erde in einer postmodernen pluralistischen Gesellschaft sein?